Was muss ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung enthalten?
Durch Erhebung einer Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich nicht gehemmt, insbesondere wird die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides kann jedoch auf Antrag ausgesetzt werden, wenn
Erreicht wird dies ggf. mit einem sog. "Antrag auf Aussetzung der Vollziehung" (kurz: "AdV-Antrag"), der sowohl bei der Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, als auch bei Gericht gestellt werden kann, jedoch bei Gericht nur zulässig ist, wenn der Antragsgegner (die Behörde) zuvor den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat.
Dies gilt nur dann nicht, wenn
Anders als im Verfahren "zur Hauptsache", welches grundsätzlich erst dann "entscheidungsreif" ist, wenn dem Gericht alle zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel benannt und die erforderlichen Beweise erhoben worden sind, gilt für das AdV-Verfahren, dass der Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt sein muss. – Die Aussetzungsentscheidung des Gerichts ist insofern vorläufiger Natur. Insbesondere ist sie nicht vorgreiflich (verbindlich) für die (regelmäßig auch) angestrebte und noch zu treffende Entscheidung des Gerichts im Verfahren zur Hauptsache.
Auch im AdV-Verfahren muss die Antragsschrift Mindestanforderungen erfüllen, die sich aus der Finanzgerichtsordnung ergeben. Die Ausführungen zu den Anforderungen an eine Klage vor dem Finanzgericht gelten für das AdV-Verfahren weitgehend sinngemäß.
Hervorzuheben sind für das AdV-Verfahren die nachstehenden Punkte:
Die Antragsschrift muss den Antragsteller oder die Antragstellerin genau bezeichnen, d. h., insbesondere der Name und die Anschrift müssen vollständig und richtig wiedergegeben sein. Zweckmäßigerweise sollten Sie die Telefonnummer angeben, unter der Sie tagsüber zu erreichen sind.
Die Antragsschrift muss den Antragsgegner genau bezeichnen. Da der Antragsgegner immer eine Behörde ist, müssen die vollständige Bezeichnung der Behörde, gegen deren Vollziehungsmaßnahmen der Antrag gerichtet ist (z. B. "Finanzamt Bremen") sowie deren Anschrift vollständig und richtig wiedergegeben werden.
"Angefochtener Verwaltungsakt" ist der Bescheid des Beklagten, gegen dessen Vollziehung Sie sich mit dem Antrag auf AdV wenden wollen. Dies könnte z. B. sein der "Bescheid über Einkommensteuer 2016 vom 10. Juli 2017".
"Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf" ist regelmäßig die Einspruchsentscheidung des Antragsgegners, mit der über Ihren Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid (z.B. einen Steuerbescheid) ablehnend entschieden wurde. Dies könnte z. B. sein die "Einspruchsentscheidung in der Einkommensteuersache für das Jahr 2016 vom 18. Dezember 2017".
Auch im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung muss der Gegenstand des damit verfolgten Begehrens bezeichnet werden. Sie müssen also vortragen, inwiefern der angefochtene Bescheid nach Ihrer Auffassung rechtswidrig ist und Sie in Ihren Rechten verletzt.
Wird der Gegenstand des Begehrens im finanzgerichtlichen Verfahren nicht oder nur unzulänglich bezeichnet, ist der AdV-Antrag als unzulässig abzuweisen.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung muss eine genaue Bezeichnung des (angefochtenen) Bescheides, dessen Vollziehung ausgesetzt werden soll, und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung enthalten. Der Antrag sollte ferner deutlich machen, ob eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung angestrebt wird oder ob die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann.
Beispiel: Beantragt wird,
"die Vollziehung des angefochtenen Bescheides über Einkommensteuer 2016 vom 10. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2017 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen."
Da die Aussetzungsentscheidung des Gerichts in aller Regel im schriftlichen Verfahren, d. h. ohne vorherige mündliche Verhandlung ergeht, muss der AdV-Antrag in einem der vorbereitenden Schriftsätze – möglichst gleich zu Beginn des Verfahrens – gestellt werden.
Im AdV-Verfahren ist es besonders wichtig, dass die für den Ausgang des Verfahrens erheblichen Tatsachen und Beweismittel möglichst frühzeitig von Ihnen vorgetragen und somit dem Gericht bekannt werden.
Urkunden und Belege, auf die sie sich berufen wollen, können in Kopie vorgelegt werden. Sie müssen aber damit rechnen, dass das Gericht spätestens im Klageverfahren auch die Urschriften von Ihnen anfordert.
Fristen, die Ihnen das Gericht zur Antragsbegründung einschließlich der zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel setzt, müssen eingehalten werden. Geschieht dies nicht, müssen Sie mit einer Abweisung Ihres Antrags aufgrund der gegebenen Aktenlage rechnen.
Der angefochtene Bescheid und die dazu ggf. ergangene Einspruchsentscheidung sollten dem AdV-Antrag grundsätzlich als Anlagen beigefügt werden. Im Normalfall sind Fotokopien ausreichend.
Diese Entscheidung ist nicht identisch mit dem angefochtenen Bescheid, sondern ergeht in aller Regel gesondert.
Mit ihrer Vorlage wird belegt, dass der Antragsgegner (die Behörde) zuvor den bei ihm gestellten AdV-Antrag ganz oder zum Teil abgelehnt hat und der bei Gericht gestellte AdV-Antrag jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt zulässig ist. Eine Fotokopie der die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Entscheidung reicht im Normalfall aus.
Fehlt es an einer ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners (der Behörde) im AdV-Verfahren, kann Ihr bei Gericht gestellter AdV-Antrag gleichwohl zulässig sein, wenn
Die Tatsachen, aus denen dies hervorgeht, sind dem Gericht mitzuteilen.
Sollten Sie – was in der Praxis häufig vorkommt – kein Interesse an einer Senatsentscheidung haben, zum Beispiel weil
ist es angezeigt, dem Gericht mitzuteilen, dass Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den oder die Berichterstatter:in besteht.
Sofern der Antragsgegner (die Behörde) ebenfalls eine entsprechende Erklärung abgibt, ergeht dann die Entscheidung im AdV-Verfahren durch den oder die konsentierte:n Einzelrichter:in ohne Beteiligung des Senats.
Die vorgenannten Einverständniserklärungen im AdV-Verfahren gelten nicht für das in der Hauptsache geführte Klageverfahren, so dass dort gleichwohl durch den Senat entschieden werden kann.
Die Waffengleichheit im Prozess verlangt, dass alle Schriftsätze mit Anlagen(!) zumindest in doppelter Ausfertigung bei Gericht einzureichen sind.
Auch im AdV-Verfahren ergeht im Übrigen eine sog. Eingangsverfügung des oder der Berichterstatters oder Berichterstatterin an die Beteiligten (Antragsteller:in und Antragsgegner), mit der diese Gelegenheit erhalten, binnen einer Frist zu den noch offenen Punkten Stellung zu nehmen und etwaigen Auflagen des Gerichts nachzukommen; kommt die antragstellende Partei dem nicht nach, muss mit einer Abweisung des AdV-Antrags durch das Gericht gerechnet werden.
Die Ausführungen zur Klage vor dem Finanzgericht gelten sinngemäß.